Tausende europäische Fischer:innen fordern: „Fischerei Fair machen“

Tausende europäische Fischer:innen fordern: „Fischerei Fair machen“
03.
Juni 2024
Brüssel

Tausende europäische Fischer:innen fordern: „Fischerei Fair machen“

Brüssel, 03.06.2024 – Tausende von Kleinfischer:innen in ganz Europa fordern ein Ende der unfairen Subventionen und Fischereiquoten, die zu Überfischung, hohen Beifangraten, Rückwürfen sowie Emissionen und damit zu schlechten Bedingungen in diesem Sektor führen. Eine Delegation von Kleinfischer:innen, Nichtregierungsorganisationen und der Outdoor-Firma Patagonia übergab im Namen von 37 Organisationen einen offenen Brief an Virginijus Sinkevičius, EU-Kommissar für Umwelt, Ozeane und Fischerei. Sie betonen: Würden Anreize für kleiner angelegte, umweltschonende Fischerei geschaffen werden, könnten mehr Arbeitsplätze entstehen, die Natur gefördert und der Niedergang der Branche aufgehalten werden.

In dem unterzeichneten offenen Brief werden Maßnahmen dargelegt, die die Kommission und die Mitgliedstaaten ergreifen sollten. Sie sollten anerkennen, dass Kleinfischer:innen mit geringeren Auswirkungen auf die Umwelt der Schlüssel zu einer besseren Bewirtschaftung der Fischbestände und zum Schutz der Meere sind und gleichzeitig einen sozialen Nutzen mit sich bringen: Denn im Gegensatz zu ihren industriellen Gegenspielern tragen Kleinfischereibetriebe direkt zu den Küstengemeinden und den lokalen Lebensgrundlagen bei. 

Die Delegation betonte bei der Übergabe des Briefes an Virginijus Sinkevičius, dass die Zuteilung von Fangmöglichkeiten auf der Grundlage sozialer und ökologischer Kriterien erfolgen sollte, statt auf der Grundlage von Fangmengen und -historie. Diese Änderung würde dazu beitragen, die Wettbewerbsverzerrung auszugleichen, denn derzeit werden die Interessen von Großfischer:innen – trotz der hohen Auswirkungen auf die Umwelt – begünstigt. Auch bei der Zuteilung von Fangquoten, einer öffentlichen Ressource, sei Transparenz erforderlich. Solche Maßnahmen sind bereits in der Gemeinsamen Fischereipolitik vorgesehen, werden aber nicht gut umgesetzt. 

Gemeinsame Fischereipolitik unzureichend umgesetzt
„Die unzureichende Durchsetzung von Artikel 17 der Gemeinsamen Fischereipolitik hat nicht nur die kleinen, wenig aktiven Fischer:innen benachteiligt, sondern auch zu einer Verschlechterung der Umweltbedingungen geführt. Die mangelnde Transparenz bei der Verteilung der Mittel hat Praktiken aufrechterhalten, die den Meeresökosystemen schaden, und diejenigen, die sich für eine verantwortungsvolle Fischerei einsetzen, ins Abseits gedrängt", sagt David Lange, Direktor der dänischen Kleinfischereiorganisation FSK-PO. 

„Kleine Fischereibetriebe mit geringer Auswirkung auf die Umwelt sind Teil der Lösung, aber sie sind die vergessene und ausgegrenzte Flotte“, sagt Marta Cavallé, Exekutivsekretärin von Low Impact Fishers of Europe. „Wenn die EU-Fischereiminister:innen denjenigen, die nachhaltiger fischen, das Recht geben, zu fischen, und nicht die industriellen Großfischer bevorteilen, könnte sich die Art und Weise, wie wir in Europa fischen, verändern und eine faire Fischerei, gesunde Meere und lebendige Gemeinschaften entstehen. Dieser Ansatz ist bereits der Kernpunkt von Artikel 17 der Gemeinsamen Fischereipolitik. Es kann ein potenzieller Wendepunkt sein, wenn er vollständig umgesetzt wird.”

Es ist zu erwarten, dass die Europäische Kommission eine Konsequenz aus Bewertung der Gemeinsamen Fischereipolitik zieht und mit ihrem nächsten Mandat der Transparenz des Quotenverfahrens Vorrang einräumt. Die Leitlinien für die Mitgliedstaaten zur Anwendung sozioökonomischer und ökologischer Kriterien bei der Zuteilung von Fangmöglichkeiten werden Teil dieses Prozesses sein. 

Gina Lovett, Managerin für Umweltinitiativen bei Patagonia EMEA, sagt:
Die ‘Make Fishing Fair-Aktion’ findet zu einer Zeit statt, in der die Lobbys der Agrarindustrie und der Großfischerei Umweltmaßnahmen und die Wiederherstellung der Natur als ‘geschäftsfeindlich‘ zurückdrängen. Bei Make Fishing Fair geht es um einen fairen Umgang mit den Fischer:innen, der Meeresumwelt und der Gesellschaft im weiteren Sinne und um einen konstruktiven Ansatz. Die Förderung der Lebensgrundlagen und der Meeresumwelt schließen sich nicht gegenseitig aus.“ 

Elsa Pullman, Blue Ventures, Beraterin für europäische Kampagnen, fügt hinzu: „Schädliche Subventionen begünstigen und unterstützen große Fischereischiffe, die die Umwelt stark belasten. Die EU muss diese öffentlichen Gelder umlenken, um diejenigen im Fischereisektor zu unterstützen, die den größten gesellschaftlichen und ökologischen Nutzen erbringen. Kleine Fischer:innen, die nur geringe Auswirkungen auf die Umwelt haben, sind das Rückgrat der europäischen Küstengemeinden und müssen vorrangig unterstützt werden, um die Fischerei fair zu gestalten.“



Make Fishing Fair ist eine Initiative von Kleinfischer:innenn aus ganz Europa, die von Low Impact Fishers of Europe geleitet, von Blue Ventures gefördert und von Patagonia EMEA unterstützt wird. Sie wird von Oceana, Seas At Risk und einer Reihe anderer NGOs unterstützt. Weitere Informationen finden Sie unter: makefishingfair.org  

Artikel 17 der Verordnung zur Gemeinsamen Fischereipolitik besagt, dass die Mitgliedstaaten bei der Zuteilung von Fangmöglichkeiten transparente und objektive Kriterien (einschließlich solcher ökologischer Art) anwenden und Anreize für Fischereischiffe schaffen sollten, die selektives Fanggerät einsetzen oder Fangtechniken mit geringeren Umweltauswirkungen verwenden. 

In seinem zweiten Bericht über Sozialdaten stellte das STECF (Scientific, Technical and Economic Committee for Fisheries) fest, dass die in Artikel 17 der Verordnung zur Gemeinsamen Fischereipolitik festgelegten sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Kriterien von vielen Mitgliedsstaaten nicht berücksichtigt werden. 



Informationen zum Bildmaterial:

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Der Mann in der Mitte ist Renato Galeotti - Associazione Casette dei Pescator (Italien).
Bruno Nicostrate von Seas at Risk ist der Mann auf der linken Seite und der Mann auf der rechten Seite ist David Lange - FSK-PO.

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Von links nach rechts: Tobias Troll Seas at Risk, Bruno Nicostrate Seas at Risk, Renato Galeotti SSF, David Lange SSF, Faust Filipi - Verband der kleinen Küstenfischer der Adria, Sandra Amezaga Menendez für Mulleres Salgadas

Patagonia

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  • Stephanie Bartl

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